Freitag, 9. September 2011

Quo vadis, Weltwirtschaft? (Teil 2)

Da die Schuldenkrise, die z.Zt. Europa heimsucht, nicht das einzige schwelende Wirtschaftsproblem ist, will ich heute etwas weiter zurückgreifen und auf Lösungsmöglichkeiten der Nachwirkungen der eben erst "überstandenen" Wirtschaftskrise (aka. Immobilienkrise) eingehen.

Hier gibt es immer noch ungelöste Gefahrenherde, so das das grundsätzliche Problem keinesfalls als gelöst betrachtet werden kann. Die massiven Finanzspritzen der Staaten in die strauchelnden Finanzinstitute hat zwar wie ein Teppich aus Löschschaum den Flächenbrand verhindert, die Auslöser der Krise sind aber nach wie vor vorhanden und schwelen weiter vor sich hin. Allein das noch recht wachsame Auge der Regierungen sowie der Schock, der den Investmentbankern immernoch einigermaßen in den Knochen sitzen dürfte, verhindern, daß der sich im letzten Jahrzehnt selbst immer weiter anheizende Turbokapitalismus wieder mit voller Fahrt unterwegs ist.

Da das menschliche Gehirn dazu neigt, unangenehme Erfahrungen zu verdrängen (deshalb war gefühlt früher auch alles besser) wird auch der Schock und die damit verbundene Vorsicht und Bodenständigkeit der Anleger nicht ewig anhalten. Irgendwann locken die Renditen und die damit einhergehenden Risiken wirken wieder tragbar.
Auch das Adlerauge des Staates neigt dazu, unaufmerksam zu werden. Da die Politik schon lange nurnoch reflexartig reagiert und längst nicht mehr gestaltet, ist die Aufmerksamkeit schnell auf neue Themen fixiert und die alten Probleme bleiben unerledigt oder bestenfalls notdürftig geflickt liegen. Immerhin, den Job der Feuerwehr hat die Regierung Merkel in der Krise mit bravour gemeistert und schnell stabilisierndes Geld in die Wackelkandidaten gepumpt. Auch das ist ja keine Selbstverständlichkeit, wie man an dem Schlingerkurs, den die EU und auch Deutschland in der aktuellen Schuldenkrise fährt, sehen kann.

Als eine Lösungsmöglichkeit wird immer wieder gern - und seit dem Höhepunkt der Krise sogar von Staatschefs, die vorher davon nichts wissen wollten - eine Finanztransaktionssteuer gefordert. Diese Steuer soll kurzfristige Spekulationen über Währungstransaktionen eindämmen, damit diese nicht die Schwankungen ohnehin instabiler Kurse weiter anheizen. Ganz zu schweigen von den Schwierigkeiten bei der weltweiten Umsetzbarkeit (allein das ist kein Grund, schließlich muß einer immer den Anfang machen) tragen die kurzfristigen Spekulationen dazu bei, daß an den Märkten eine hohe Liquidität herrscht, was eine der Voraussetzungen auch für langfristige Investitionen ist. Zudem wird eine Besteuerung hier völlig wirkungslos, sobald es zu Schwankungen kommt, welche die Höhe der festgesetzten Abgabe übersteigen. Dadurch können Währungstransaktionen ad hoc zu einem einträglichen Finanzprodukt werden und durch einen Run auf diese Produkte die Schwankungen noch erheblich anheizen. Eine Steuer darauf kann also durchaus auch schädliches Potential haben.

Als Einzelmaßnahme ist eine Erhöhung der Eigenkapitalquote für Finanzinstitute deutlich weniger risikobehaftet. Durch eine Erhöhung auf z.B. 20% würden sich Ausfälle bei Gläubigern weniger starkt auf die Bilanz auswirken und selbst große Ausfälle wie bei der Immobilienkrise würden wesentlich besser abgefedert. Zudem würden die Banken konservativer handeln und mehr auf die Sicherheit ihrer Anlagen bedacht sein, da der Verlust von Eigenkapital auch das Volumen aller zukünftigen Geschäfte reduziert. Die Banken kritisieren zwar zu Recht, daß dadurch weniger Kredite für die Realwirtschaft möglich wären, aber das ist nur ein temporärer Faktor bis die Banken ausreichend Eigenkapital zurückgelegt haben. Dies ließe sich auch durch eine schrittweise Anhebung bis zur gewünschten Zielquote verträglich gestalten.

Welche weiteren Maßnahmen mehr oder weniger geeignet sind, die schnelllebigen und offenbar gefährlichen Finanzmärkte in einem kontrollierbaren Rahmen zu halten ohne ihn zu erwürgen dürfte eine der Kernfragen dieses Jahrzehnts sein. Die Vorgaben aus Basel III enthalten schon eine gute Sammlung einzelner Maßnahmen, bilden aber noch keinen ausreichenden Rahmen um eine Branche, die sich in der Vergangenheit immer wieder als äußerst kreativ in der Schaffung neuer Finanzprodukte erwiesen hat, langfristig in der Spur zu halten. Es wäre immerhin schon ein guter erster Schritt, wenn die Vorgaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) uneingeschränkt eingeführt würden. Je weitreichender dies geschieht, desto besser ist es für die Stabilität der globalen Finanzmärkte.

Montag, 5. September 2011

Quo vadis, Weltwirtschaft?

Lang ist mein letzter Post her und nun will ich mich mal wieder an einem neuen Artikel versuchen. Heute dreht sich alles um die Schuldenkrise und die Möglichkeiten, ihr zu entkommen.

Was genau die Schuldenkrise, die mit Griechenland ihr erstes - und wohl nicht letztes - Opfer gefunden hat, ausgelöst hat lässt sich kaum umfassend beantworten. Es gibt viele Ursachen dafür. Die bekannteste dürfte die Geschichte von den faulen und korrupten Griechen sein, die dem Staat auf der Tasche liegen. Ein Körnchen Wahrheit ist da durchaus dran: So konnte Griechenland schon bei EU-Beitritt die Konvergenzkriterien nicht erfüllen und hat diese durch das melden falscher Wirtschaftsdaten schöngerechnet, das Land hat einen gigantischen Wasserkopf in der Verwaltung (fast 19% aller Beschäftigten in Griechenland arbeiten direkt für den Staat) und hat es nicht geschafft, der weit verbreiteten Steuerhinterziehung Herr zu werden.

Ein weiterer Grund für die Lage Griechenlands (aber auch der anderen z.Zt. wankenden Staaten wie Spanien, Portugal oder Irland) ist, daß ihre Wirtschaft weder weltweit noch innerhalb Eurpoas konkurrenzfähig ist. Wärend Deutschland seit den 90ern die Lohnstückkosten kontinuierlich gesenkt hat um in Welthandel bestehen zu können, haben dies große Teile Südeuropas verschwitzt und stehen nun mit hohen Ausgaben und schwachen Einnahmen aus dem Export da.


Hier liegt zudem ein weiteres Problem: Deutschlands massive Trimmung auf Wettbewerbsfähigkeit hat die Länder, die eigentlich unsere Partner in der EU sein sollten, schlicht abgehängt. Einerseits verdient Deutschland gut daran, u.A. in diese Länder zu exportieren, aber wenn dort nicht im gleichen Maße Geld verdient werden kann, zerstört sich Deutschland seine eigenen Märkte, die es dann wieder teuer aufbauen muß. Und das alles nur, um Export-Vizemeister zu sein.

Vizemeister? Da kann man sich doch mal fragen, wer hier ist denn eigentlich Exportmeister? Haben Sie als Leser im letzten Jahrzehnt etwas exportiert? Oder ihr Nachbar? Die Antwort ist - wenn sie nicht grade Hauptaktionär oder zumindest im Vorstand von Siemens oder einer anderen global agierenden, deutschen Firma sind - immer die selbe: Nein.

Bei der Bevölkerung kommt das Vizemeister-Sein nämlich garnicht an. Wie obige Grafik ebenfalls belegt, sind die deutschen Löhne von 2003-2006 faktisch gesunken und auch der kleine Zuwachs um 2009 kann die Inflation nicht wett machen. Im Netto verdient der Durchschnittsdeutsche heute weniger als noch vor 6 Jahren.
Das wirft die Frage auf, ob es sich überhaupt lohnt, Viezemeister zu sein. Bei wegbrechenden Märkten und vor dem Bankrott stehenden Staaten, die übrigens nicht von den Firmen, die tatsächlich Exportweltmeister sind sondern von der gesamten Bevölkerung über Bürgschaften auf die Steuereinnahmen gestützt werden, kann man die Sinnhaftigkeit eines solchen Titels durchaus anzweifeln.

Ich will keineswegs den Export schlechtreden, im Gegenteil. Ein starker Export ist die Grundlage für viele Arbeitsplätze, Investitionen und eine ausgezeichnete Infrastruktur. Wenn man das aber ins Extrem treibt und Wachstum als Allheilmittel betrachtet, gerät man genau in die heutige Situation, daß die eigenen Absatzmärkte so zum sparen gezwungen werden, daß sie sich unsere Produkte nicht mehr leisten können. Wenn man dann nicht heuschreckenartig neue Märkte erschließen kann oder will bleibt als Konsequenz nurnoch die Rezession.

Gut, die Situation ist nun so wie sie ist. Man kann viel darüber unken, ob man schon viel früher Euro-Bonds hätte einführen sollen, Griechenland bei EU-Eintritt besser hätte überprüfen oder zumindest rechtzeitig in die Insolvenz gehen lassen sollen. Das hilft uns aber nicht weiter.
Fakt ist, der Konjunkturmotor der Welt ist - beginnend mit Griechenland - ins stottern geraten. Spanien, Portugal, Irland und auch die USA haben ihren Anteil daran aber auch China mit ihrer aufzehrenden Billig-Geld-Strategie und Deutschland mit seinem Extremexport sind daran nicht unschuldig. Der Welt fehlt es an einem der beiden wichtigsten Treibstoffe der Wirtschaft: An der Nachfrage. Warenangebot z.B. aus China und Deutschland gibt es genug, nur kann sich diese durch die überall um sich greifenden Sparzwänge niemand mehr leisten.

Niemand, außer das gallische Dorf Deutschland. Die großen Unternehmen haben in den letzten 10 Jahren einen Rekordgewinn nach dem Anderen eingefahren und auch der Saat hat trotz weltweiter Krisen reichlich unerwartete Mehreinnahmen. Diese Gelder haben das Potential, den Motor wieder zum laufen zu kriegen, wenn sie dazu genutzt werden, die Binnennachfrage anzukurbeln. Wenn in Deutschland die Löhne flächendeckend erhöht würden, könnten viele Menschen Waren kaufen und damit weltweit für eine Erhohlung sorgen. Man gäbe den jetzt strauchelnden Ländern wie Griechenland eine Chance, sich durch Wachstum selbst aus dem Schuldensumpf zu ziehen.
Natürlich würde durch steigende Löhne die deutsche Konkurrenzfähigkeit und damit die eigenen Absatzchancen wieder sinken, aber eine sich weltweit erholende Konjunktur würde auch uns neue Märkte und Absatzmöglichkeiten eröffnen. Auf den Titel des Export-Vizemeisters müsste man dann wohl verzichten, aber diesen Titel konnte sich ja ohnehin kaum jemand an die Brust heften. Auch die Unternehmen, die sich in diese starke Position auf dem Weltmarkt gekämpft haben sollten ein langfristiges Interesse daran haben, den Motor, der auch ihr Überleben sichert, am Laufen zu halten.

Die Ankurbelung der Binnennachfrage als mögliche Lösung für die Krise ist übrigens keine Einzelmeinung meinerseits: Auch die Cheffin des Internationalen Währungsfonds, Christine Legarde, hat jüngst die deutsche Binnenwirtschaft als Steuerungsinstrument für sich entdeckt.