Freitag, 16. Dezember 2011

Das BGE Dilemma

Nun ist es also soweit. Die Piratenpartei hat auf dem Bundesparteitag in Offenbach das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE)  für sich beschlossen. Das ist zumindest der Tenor der glühenden Verfechter. Letztendlich hat der BPT aber beschlossen, eine Enquete-Kommission zu bilden, welche prüft, ob und wie sich ein BGE einführen lässt. Das ist ein guter Ansatz, da eine solche Kommission beim Bundestag anhängig wäre und so mit reichlich Expertenwissen und - ganz wichtig weil äußerst demokratisch - den anderen Fraktionen zusammen an einer Lösung gearbeitet werden kann.



Dieser Antrag zeigt aber ebenso wie die nur äußerst knapp erreichten 2/3-Mehrheit  und die langwierige Diskussion vorher vor allem die innere Zerrissenheit der Piraten bei diesem Thema. Das hat eine durchaus längere Vorgeschichte, schließlich existiert die Idee des BGE nicht erst seit gestern.
Ich bin 2009, kaum ein viertel Jahr nach meinem Parteieintritt, mit selbigem konfrontiert worden, als das "Netzwerk Grundeinkommen" auf dem Stammtisch der Hamburger Piraten (damals noch im Wagenbau) einen Vortrag über das BGE hielt. Hier sind schon einige Lücken in der Umsetzbarkeit aufgetreten, an denen man aber arbeiten wollte.

Seit dieser Zeit taucht das Thema BGE in regelmäßigen Abständen immer wieder auf der Tagesordnung auf und manifestiert sich in Vorträgen zu diesem oder jenem Modell und sonstigen Alternativen dazu. Inzwischen hat das BGE viele Unterstützer innerhalb der Partei, was sich eben auch darin zeigt, daß sich eine klare Mehrheit von 2/3 des BPT in Offenbach dafür aussprachen. Es ist wenig verwunderlich, daß ein System, welches sich anschickt, Armut generell zu bekämpfen und ganz vornan die unsägliche und unsoziale Hartz IV Gesetzgebung wegwischen zu wollen, viel Zuspruch findet.

Was aber ist denn nun eigentlich das BGE? Diese Frage vermag kaum jemand zu beantworten. Es gibt - wie gesagt - einen ganzen Sack voll Modelle wie das Modell von Götz Werner, das solidarische Bürgergeld und ein Ulmer Modell oder auch diverse Abwandlungen wie die negative Einkommenssteuer.
Alle diese Modelle haben noch deutliche Lücken in ihrer Umsetzbarkeit, was selbst BGE-Enthusiasten offen eingestehn.

Das Problem dabei ist aber, daß die Arbeit an dem BGE-Modell, das schließlich umgesetzt werden und allen Menschen ein würdiges Auskommen gewähren soll scheinbar nicht vom Fleck kommt. Die Vorträge und Diskussionen kreisen hierbei in den letzten 2 Jahren (länger kann ich ja persönlich nicht berichten) ständig um die selben Vorzüge und Probleme, welche die unterschiedlichen Modell mit sich bringen.

BGE-Gegner werden nicht müde ständig die Probleme der Finanzierbarkeit, der Umsetzbarkeit, der drohenden Inflation oder Kapitalflucht aufzuzeigen ohne dabei irgendwelche Lösungsvorschläge machen zu können. BGE-Verfechter hingegen verweisen permanent auf die Vorzüge für das soziale Miteinander, die Entfaltungsmöglichkeiten oder den wegfallenden Zwang einer Erwerbstätigkeit und reagieren auf o.g. Kritik bestenfalls mit einer grundsätzlichen Veränderung der Gesellschaft, welche diese Probleme dann schon lösen wird. Die Fronten scheinen dabei so verhärtet zu sein, daß ein Teil schon bei dem Wort BGE alle Schotten dicht macht und sich jeglicher Argumentation kategorisch verschließt wärend der andere Teil Scheuklappen zu tragen scheint und alle Ansätze, die nicht bedingungslos "Bedingungslos" sind von vornherein in den Wind schlägt.

Auf der Strecke bleibt dabei das zukünftige Modell, welches das - zweifellos von Gegnern wie Befürwortern gleichermaßen verhasste - Hartz IV System entgültig durch etwas gerechtes und unrepressives ersetzen sollte.
Und auch das zeigt sich ganz deutlich in eben jenem Antrag, der auf dem BPT11.2 abgestimmt wurde. Ein eigenes Modell haben sich auch die Antragsteller nicht zugetraut und die Erarbeitung lieber in die Zukunft auf ein noch zu schaffendes Gremium abgewälzt von dem nichtmal sicher ist, ob wir je in der Lage sein werden, dieses einzurichten.

Übriggeblieben ist dabei nur ein parteiinterner Shitstorm der sich eigentlich bloß um das kleine Wörtchen BGE dreht und weder den Antragstext noch die Grundintention zum Thema hat.

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